Der Chatte und seine Herkunft
Die Chatten (Aussprache: Katten; lateinisch Chatti und Catti, altgriechisch οἱ Χάττοι, Χάτται) waren ein germanischer Volksstamm, der im Bereich der Täler von Eder, Fulda und des Oberlaufes der Lahn seinen Siedlungsschwerpunkt hatte, was zu großen Teilen dem heutigen Niederhessen und Oberhessen bzw. Nordhessen und z. T. Mittelhessen entspricht. Die Bezeichnung Hessen ist möglicherweise eine spätere Abwandlung des Stammesnamens der Chatten,[1] dann wären sie auch Namensgeber des heutigen Hessen. Die Schreibung mit ‚Ch‘ gibt das germanische ‚h‘ wieder, das als [x] ausgesprochen wird.
Kerngebiet des chattischen Siedlungsraumes waren nach 15 n. Chr. die Ebene von Fritzlar-Wabern und das Kasseler Becken, eine Gegend, die heute den Namen Chattengau trägt, sowie die westhessische Senkenlandschaft bis ins Gießener Becken.[2] Der Ursprung des Stammes liegt bis heute weitestgehend im Dunkeln, nach neuestem Forschungs- und Kenntnisstand wanderten die Chatten als unbedeutender Kleinstamm um 10 v. Chr. in das Gebiet an der oberen und mittleren Lahn ein, wo sie zu Nachbarn der Sueben wurden, die die niederhessische Senke dominierten. Mit der Errichtung des Markomannen-Reiches unter Marbod 3 v. Chr. in Böhmen ging der Abzug dieser elbgermanischen (suebischen) Bevölkerungsgruppen aus Nordhessen einher. Gleichzeitig wanderten neue, mit der rhein-weser-germanischen Kultur verbundene Gruppen, höchstwahrscheinlich die Chatten, ins nördliche Hessen ein und füllten das dort entstandene Machtvakuum.[3] Im Vergleich zur eingesessenen Bevölkerung dürfte sich die Anzahl der Neusiedler auf einige wenige hundert waffentragende Männer sowie deren Familien beschränkt haben. Dieser als „chattischer Traditionskern“ in der Wissenschaft angesehene Sippenverband hat vermutlich für die Ethnogenese des gesamten Stammes eine wichtige Rolle gespielt, da unter seine Oberhoheit auch die spätlatènezeitliche keltische Vorbevölkerung sowie die verbliebenen Sueben Nordhessens gerieten
Funde lassen darauf schließen, dass im späten 2. Jahrhundert n. Chr., zur Zeit der Markomannenkriege, ein erneuter Zuzug elbgermanischer Bevölkerungsgruppen einsetzte, der in seiner Größenordnung jedoch noch schwer abzuschätzen ist. Ob die Stammesbildung friedlicher Natur war oder kriegerisch erfolgte, ist weiterhin umstritten, allerdings weisen Brandspuren bei zahlreichen Funden aus dem postulierten Siedlungsgebiet auf Zerstörungen hin, die aber nicht flächendeckend gewesen sein dürften.[5] Dabei wurde die einheimische Bevölkerung aber nicht restlos vertrieben, sondern siedelte dezimiert weiterhin an ihren alten Wohnplätzen, worauf die kontinuierliche Besiedlung des Fundortes Geismar von der frühen Kaiserzeit bis ins frühe Mittelalter hinweist.